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  • »Dennis Rohling« ist der Autor dieses Themas

Beiträge: 1 383

Wohnort: Osnabrück

Beruf: Hörspielproduzent

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Mittwoch, 22. Februar 2006, 11:11

Hörplanet: Interview mit Dennis Rohling

Hallo! Thomas Wantke von Hoergruselspiele.de hat mich interviewt. Mit seiner freundlichen Genehmigung darf ich das Interview hierher kopieren (da ihr ja keine externen Links mögt ;) )



Hallo Dennis, erstmal lieben Dank, dass du bei unseren Interview mitmachst. Auch wenn dich schon viele kennen, stelle dich bitte erstmal vor.
Ich bin 27 Jahre alt, wohne in Osnabrück, spiele seit mehr als 10 Jahren in unregelmäßigen Abständen Theater und habe so auch meine Leidenschaft für darstellende Kunst entdeckt. Professionell werte ich diese Leidenschaft nun seit ca. 2 Monaten aus, so lange habe ich gebraucht, um das ewige "Lern lieber was Ordentliches" und "Damit hast du doch eh keinen Erfolg" an mir abprallen zu lassen und meinen eigenen Weg zu gehen. Ich hoffe, es ist noch früh genug.


Wie Sieht die Zukunft für Hörplanet aus ?
Ich werde in wenigen Tagen zusammen mit meinem guten Freund Simeon von der R & B-Company in Berlin sein, um dort im Studio von Ingo Albrecht Aufnahmen für viele Hörspiele zu machen. Dann gehts wieder nach Osnabrück. Auf der Rückfahrt werde ich den Großteil schon schneiden. In den darauffolgenden Tagen beginne ich dann mit dem Zusammensetzen der Sprachtakes und Musiken etc. Gegen Ende März werden die ersten Hörspiele, die Michael Eickhorst und ich beim Hörplanet veröffentlichen werden, soweit fertig sein, dass man sie begutachten und gegebenenfalls ändern kann.


Wie lange habt ihr für Das Hörbuch "Fragmente" gebraucht es fertig zustellen ?
Nicht sehr lange. Wir haben eine interessante Statistik geführt, aus der hervorgeht, dass ich ca. 18 Stunden im Studio saß. Dann nochmal ca. 10 Stunden Schnitt etc, macht 28 Stunden für eine Produktion dieses Umfangs. Das ist eigentlich sehr schnell, was aber auch daran lag, dass wirklich fast alles gut war - der Text, die Regie, die Vorbereitung. Es war ein großer Spaß, über so einen langen Zeitraum so enthusiastisch Kunst zu betreiben.Genau genommen war es (abgesehen von einigen Werbespots der letzten Monate) meine erste inhaltlich ernsthafte Arbeit, das war eine zusätzliche Freude. Sachen wie Holger in "Holger die Hörspielgurke" sind zwar aus Produktionssicht auch ernst, sind aber lustiger Natur. Das ist schon was anderes.


Wie lange bist du schon in der Hörspiel Szene ?
Das müsste seit ungefähr 2001/2002 sein.


Welches ist dein Lieblings Hörspiel ?
Ich habe kein Lieblingshörspiel. Ich höre mir zwar viele an, aber ich könnte nicht sagen, dass mich davon je eines so begeistert hätte, dass ich es zu meinem Lieblingshörspiel erklären würde.


Welche Genre liegt dir mehr: Fantasy, SF oder Horror?
Leider habe ich bisher nur Comedy gemacht und ein HorrorHÖRBUCH, daher kann ich mich da absolut noch nicht festlegen. Ich denke, dass Horror und Comedy am Schwersten sind, denn beide müssen ausgeprägte Reaktionen beim Hörer erzeugen. Beim Horrorhörspiel will man sich als Zuhörer richtig fürchten, bei Comedy lachen. Bei Krimi hingegen tapert man auch mal mehr oder weniger anspruchslos mit einem dicken Kommissar durch die Landschaft und die stärksten Gefühle sind Langeweile - ja, Krimi stelle ich mir recht langweilig vor großes Grinsen


Wie würdest du die Situation für Newcomer im Hörspielbereich einschätzen? Ist es schwer, ein neues Label angesichts der großen Verlage zu etablieren ?
Ja, das ist unglaublich schwer - aber auch vollkommen in Ordnung! Es wäre wirklich schlimm, wenn jeder dahergelaufene Pappkopp sagen könnte "Ich mach ein Hörspiel" und morgen verdient er damit Unsummen und wird berühmt. Das hat bei uns nicht geklappt und das wird auch bei niemand anderem klappen.
Man wirft ja gerade uns immer wieder vor, dass wir viel zu kritisch mit uns selber sind. Aber ich komme soeben wieder von einem Schrotthörspielnachmittag und bin aufs Neue entsetzt, was da so manche "Kollegen" als ausreichend und massentauglich einstufen - miserable Sprecher, meschugge Story und dann das Ganze noch in Richtung Grusel, der nicht im Geringsten erreicht werden kann. Das passiert uns mittlerweile wohl nicht mehr so oft, eben durch diese scharfe Selbstbeobachtung.
Wir haben uns sehr mühsam einen Platz im Hörspielbereich erarbeitet (weiß Gott nicht sehr weit oben, aber immerhin), worauf wir stolz sind. Sachen wie "Holger die Hörspielgurke" zum Beispiel erfreuten sich bei jeder Veröffentlichung größter Beliebtheit und wurden nicht selten vierstellig downgeloaded. Und der nächste Teil wird wieder eine ganze Ecke cooler werden, ich habe letzte Woche von Michael das Script bekommen. Insofern komme ich zu dem Ergebnis: "Stümperhaft anfangen ist keine Schande - stümperhaft bleiben hingegen schon". Wobei die Stümperhaftigkeit natürlich auch je nach Betrachter-Auge variiert.


Was muss deiner Meinung nach ein "gutes" Hörspiel ausmachen?
Es braucht gute Sprecher, das ist das A und O für mich. Ich will einer Geschichte folgen und mich nicht alle paar Minuten fragen, warum ein miserabler Erzähler nicht nach fast 10 Folgen endlich mal mit dem Gütesiegel "Wir hatten Spaß, aber so geht das doch nicht!" in den Schrank gepackt wird. Viele nörgeln rum, wenn ich solche Urteile fälle, aber mich ärgert das sehr. Dieses Hochjubeln des Mittelmaßes auf der einen Seite harmoniert doch so gar nicht mit dem Wunsch des Menschen nach einer funktionierenden Sache. Wer würde sich einen nur teilweise funktionierenden Wäschetrockner kaufen mit der Aussage "Es muss nicht alles perfekt sein"? Ich denke niemand. Außer Ede Durchian! Aber wenn ich im Hörspielbereich sage "Es hat Geld gekostet, warum ist es schlecht?", dann bin ich der große Kollegenabklatscher - seltsame Einstellung.
Ich glaube, ein Hörspiel mit guten Sprechern kann ganz ohne Geräusche und Musik auskommen - was dann der Beweis wäre, dass lediglich dieser Punkt stimmen muss für ein gutes Hörspiel. Ich werde mir dazu meine Gedanken machen, man wird ja auch mal älter und hat mehr Ideen, um sich selbst noch zu fordern.


Hast du Kinder und hören die Hörspiele ?
Nein, ich habe keine Kinder. Und wenn ich welche hätte, würde ich denen keine Hörspiele geben, sondern ihnen jeden Abend mit der Holger-Stimme aus Büchern vorlesen. Ich lese viel und laut, das trainiert. Viele Lebensgefährtinnen habe ich so nach Phantásien etc. entführt.


Warum ist das Medium Hörspiel wieder so beliebt ?
Ist es das denn wirklich? In unserer Stadt sind die Hörspielregale leer oder unübersichtlich oder unübersichtlich leer. Und im Internet täuscht das sehr, meine ich. Klar, in Foren bündeln sich 50 Fans und irgendwann glaubt man sich selber, dass die ganze Welt Hörspiele gut findet. Aber dem kann ja gar nicht so sein, sonst würde der Markt damit sensibler arbeiten. Trotzdem treten wir an, vielleicht schaffen wir es ja, ein kleines Zahnrad in dem Vorhaben zu sein, die Welt mit guten Hörspielen zu unterhalten. Das wäre dann das Klassenziel, für das wir wirklich hart arbeiten.


Gibt es ein Wunschprojekt?
Das ist schwer zu sagen, da ich natürlich immer gerade das unglaublich liebe, was ich aktuell mache. Ich hoffe, dass ich noch viele Arbeiten von Stefan T. Pinternagel machen kann, denn dessen Stoffe faszinieren mich sehr. Und durch die sehr intime Arbeit mit dem "Fragmente"-Stoff fühle ich mich seiner Schreibart mittlerweile sehr verbunden.


Wie lange dauert es, um eine komplette Hörspielfolge zu produzieren: angefangen über die Idee, das Casting, das Einsprechen, die Pressung der CDs?
Wenn es wirklich brennen würde, dann ca. 3 bis 4 Wochen. Wenn man es normal angeht, ca. 2 Monate, wobei einzelne Sachen (Aufnahme der Sprecher) ja meist für mehrere Hörspiele erfolgen und es dann schwer ist, das auseinander zu rechnen.


Dennis, man sagt ja, du spielst den "Holiday Killer" nicht nur, du erlebst ihn, was hast du gefühlt, als du in die Haut des Holiday Killer geschlüpft bist ?
Sehr unangenehm! Auf der CD ist ja ein wirklich tolles "Making of", in dem ich eben zu diesem Aspekt auch Stellung beziehe. Vom Theater bin ich es ja gewohnt, sowas wirklich überzuziehen und dann zu interpretieren. Das ist mitunter schwer, lässt aber nur so die absolut authentische Darstellung zu. Ein Stoff wie "Fragmente" geht wirklich sehr tief in einen hinein. Da muss man aufpassen, man muss sich auch regelmäßig klarmachen, dass es nur Fiktion ist. Man ist oft aufgewühlt gewesen, teilweise ist es sehr unangenehm, diese Bestie lüstern sabbernd zu spielen, während man selber eigentlich "Ist ja widerlich" schreien will. Aber aus kreativer, aus schauspielerischer Sicht ist diese Rolle das Grandioseste, was ich in meinem bisherigen Leben gemacht habe. Es werden mit Sicherheit noch viele weitere Sachen folgen, aber bis dato ist der Holiday-Killer mit Abstand das Ergreifendste gewesen.


Wie sehen deine Pläne für zukünftige Bühnen Auftritte aus ?
Ich werde im September unter der Leitung von meiner geschätzten Regisseurin Gabriele Mugdan in die Rolle von Dmitri Dmitrijewitsch Schostakowitsch, dem berühmten Komponisten schlüpfen, der in diesem Jahr 100 Jahre alt wird. In der selben Inszenierung werden auch noch als Rollen Mozart (250ster Geburtstag) und Schumann (150ster Todestag) mitwirken, die ebenfalls im Jahr 2006 Jubiläen feiern. Außerdem steht noch eine Theaterarbeit mit Helmut Krauss aus, die wir irgendwann einmal in die Tat umsetzen wollen. Ich bin gespannt!


Es kommen zur Zeit sehr viele Projekte hintereinander raus, hast du auch noch Zeit für dein Privatleben oder ist deine Arbeit dein Privatleben ? Ich kann es mir bildlich vorstellen, wie du in einem Tonstudio auf einer Matratze liegst mit einem Mikro in der Hand und von neuen Produktionen Träumst.
Nein, nein, ich liege zwar in der Tat gerne und oft im Bett, aber das ist bei mir im Schlafzimmer. Im Tonstudio bin ich auch verhältnismäßig selten. 2006 werde ich vielleicht insgesamt ca. 10 Mal im Studio sein, das ist auf 356 Tage gerechnet sehr wenig. Die meiste Arbeit (Komponieren, Arrangieren, Schneiden) findet am PC im heimischen Wohnzimmer statt.


Hast du der Hörspiel Welt noch etwas zu sagen ? Tipps oder Kritik ?
Lasst euch nicht abwimmeln! Stellt den Händlern eures Vertrauens die Vertrauensfrage! Wenn ihr die Hörspiele eurer Label hören wollt, steigt auf die Barrikaden! Nur IHR könnt etwas ändern, denn ihr seid die Masse! Die Masse, die sich selber schützt!


Ich bedanke mich bei Dennis Rohling für das Interview und Wünsche ihm noch viel Erfolg


Gebe Dich niemals mit einer Hörspielgurke ab.
Erst zieht sie dich auf ihr sein Niveau hinab.
Danach schlägt sie dich aufgrund ihr seiner Hörspiel-Erfahrung.