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Donnerstag, 19. Februar 2004, 10:40

Edgar Allan Poe (02) - Die schwarze Katze

Edgar Allan Poe (Folge 2) - Die schwarze Katze


Hörspiel
52:53 Minuten
1 CD; ISBN 3-7857-1345-2; Euro 7,95 (momentan bei Amazon für Euro 5,-!!!)
1 MC; ISBN 3-7857-1344-4; Euro 4,95
Lübbe Audio
Eine STIL-Produktion

Sprecher:
Edgar Allan Poe - Ulrich Pleitgen
Eileen - Anna Thalbach
Dr. Tempelton - Till Hagen
Wirt - Thomas Danneberg
Sheila - Yara Blümel
Pfarrer - Jürgen Wolters
sowie: Reinhard Bertram, Peter Groeger, Klaus Jepsen, Penny Shepherd, André Sander und Heinz Rudolf Kunze

Covertext:
Edgar Allan Poe ist aus dem Irren-Asyl entlassen. Sein einziger Freund ist eine schwarze Katze. Eines Nachts sticht er dem Tier im Suff ein Auge aus. Doch das ist nur der Vorbote größeren Unglückes. Als er im Zorn seine eigene Frau erschlägt und die Leiche einmauert, verschwindet auch die schwarze Katze. Doch sie kommt wieder und reißt ihn in sein Verderben...



Kritik:

Der Covertext irritiert, denn er vermischt die Rahmenhandlung der Serie und die Geschichte um die schwarze Katze.
Die Rahmenhandlung aus Folge 1 wird in Folge 2 fortgeführt: Poe, der seit einem Unfall vor zwei Jahren unter Gedächtnisverlust leidet und seitdem im Irrenhaus saß, wird entlassen. Er leidet nach wie vor unter Alpträumen. Sein Arzt Dr. Tempelton ermutigt ihn, sich seinen Alpträumen zu stellen, da er sich von ihnen Aufschluss über Poes wahre Identität verspricht. Er rät Poe zu reisen. Dieser mietet sich in einem abgelegenen Hotel ein. Dort hat er wieder einen Alptraum, der den Hörer in die Geschichte um die schwarze Katze führt.

Poe träumt, er sei Zeuge eines Unfalls, bei dem die Schwester seiner zukünftigen Frau in den Tod stürzt. Von Anfang an ist unklar, wie viel Mitschuld er an ihrem Tod trägt. Hat er sie bedrängt, und sie stürzte deshalb vom Balkon? Die Atmosphäre verdunkelt sich zusehends, denn seine Frau stellt ein Foto der toten Schwester auf, was der Mann nicht ertragen kann. Die schwarze Katze, das Lieblingshaustier seiner Frau, scheint ihn immer häufiger hasserfüllt anzustarren und setzt sich immer wieder an die Stelle, wo der 'Unfall' geschah... Der Mann fängt an zu trinken und sich zu Hause immer unwohler zu fühlen. Er besucht Wirtschaften und wird immer aggressiver. Er hasst die Katze immer mehr, bis er ihr eines Nachts im Suff ein Auge aussticht. Die Aggressionen gipfeln schließlich im Mord an der Katze und letztendlich im Mord an seiner Frau.

Dies ist wahrhaftig eine bitterböse Geschichte, die von Schuld und Verdrängung handelt und vom Unvermögen, sich aus der eigenen Schuld und Verantwortung herauszustehlen. Edgar Allan Poe trifft mit der Geschichte genau den Nerv: Die schwarze Katze verkörpert das schlechte Gewissen des Mannes, der sich Vorwürfe über den Tod des jungen Mädchens macht. Er kann nicht vergessen, und die Katze erinnert ihn ständig an seine Schuld... Er projiziert seinen ganzen Hass auf die Katze und auf seine Frau, denn er erträgt sein Leben immer weniger. Schließlich kommt es zur Eskalation und zur Katastrophe - er ermordet seine Frau. Die Szenen sind brutal geschildert - und sicher nichts für zartbesaitete Hörer.

Wie schon in 'Die Grube und das Pendel' versteht es das Kreativ-Team Christian Hagitte und Simon Bertling aus dem Hause STIL, wo die Produktion entstand, eine unheimliche, bedrohliche Atmosphäre zu schaffen, die den Hörer vom ersten Moment an in ihren Bann zieht. Mit Raffinesse werden Orchesterklänge, gregorianische Chöre und der geschickte Einsatz von effektvoll arrangierten Geräuschen und Orgelklängen so zusammengefügt, dass es auch für den Hörer kein Entrinnen aus der zuerst beklemmenden und dann immer brutaleren Situation gibt, die hier so meisterlich beschrieben wird.

Auch die Sprecher sind in dieser zweiten Folge wieder allesamt voll bei der Sache: Ulrich Pleitgen brilliert als Edgar Allan Poe, die anderen Charaktere sind aber auch sehr gut besetzt. Die Sprecher passen durch die Bank sehr gut zu den verkörperten Rollen.

Erneut gibt es schwermütige, düster wirkende Landschaftsfotografien auf dem Cover zu sehen, und das stimmungsvolle Serien-Titellied von Heinz Rudolf Kunze läuft als Abspann nach dem Hörspiel. Die Serie hat ein gutes Konzept.



Fazit:

Wiederum eine gelungene Folge der neuen Edgar-Allan-Poe-Serie von Lübbe Audio: Story, Sprecher und Musik sind weit über Durchschnitt, die Geschichte ist diesesmal sehr brutal und nimmt den Hörer ganz schön mit.
So atmosphärisch dicht sind Poes Geschichten noch nie umgesetzt worden! :up:
»gruenspatz« hat folgende Datei angehängt:
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' EINS UND EINS IST ZWEI - VON LONDON BIS SHANGHAI ! '
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www.hoerspatz.de -- Hörspiel- und Hörbuch-Rezensionen

2

Donnerstag, 8. März 2007, 20:17

Kann ich nur bestaetigen. Mir ist die Kinnlade mehrmals heruntergefallen.


Arme Katze. Und Mr. Poe beweist sich als Maurermeister .... was da wohl eingemauert wird. Sehr gut und SHOCKING!!!

Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Cherusker« (10. März 2007, 23:02)


3

Donnerstag, 8. März 2007, 22:10

Die Katzenszene ist wirklich hart, ich habe echt geschluckt und werd den Track wohl auch bei jedem erneuten Hören überspringen, geht mir echt an die Nieren...

Uwe

hört Hörspiele seit ca. 1973

Beiträge: 1 654

Wohnort: früher West-Berlin

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4

Freitag, 9. März 2007, 11:24

RE: Edgar Allan Poe (02) - Die schwarze Katze

Zitat

Original von gruenspatz
So atmosphärisch dicht sind Poes Geschichten noch nie umgesetzt worden! :up:


Da kann ich nur voll und ganz zustimmen!

Ich muss aber zugeben, dass ich diese Folge beinahe ein Stück zu hart und deprimierend finde. Ich höre sie daher nur sehr selten.

Die gleichnamige Geschichte von Poe habe ich oft gelesen (kannte daher die Pointe schon), aber sogar sie schafft es nicht, eine so beklemmende Atmo zu schaffen (obwohl Poe das ja gut konnte).

5

Freitag, 9. März 2007, 16:24

RE: Edgar Allan Poe (02) - Die schwarze Katze

Fuer mich ist diese Art von Horror viel intensiver, da es realistischer ist. Eine Katze die misshandelt wird, oder eine Ehefrau, die eingemauert wird ist viel schockierender als wenn Monster aus dem All kommen und Glieder durch die Gegend fliegen. Da weiss man, dass dieses nur erfunden wurde. Aber bei Edgar Allen Poe, da frage ich mich immer wieder ob nicht irgendwo in meiner Stadt einer wie EAP auch so sehr mit sich ringt und sich von Alptraum zu Alptraum lebt und aehnliche Dinge tut. Die potentielle reale Situation macht EAP so shocking fuer mich.

Und es ist gut mal einen differenzierten Helden zu haben. Es ist langweilig immer nur die absolut boesen Gegner und absolut guten Helden zu haben. Lieber differenzierte, komplexe Persoenlichkeiten die auch mal mit sich ringen.

Deshalb ist EAP eine Serie mit sehr starker Geschichte und Inhalt.

Waschbär

Am Institut für Strahlenkunde und Pendelistik

Beiträge: 1 353

Wohnort: Frisinga

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6

Freitag, 9. März 2007, 16:56

Die Szene mit der Katze ging mir auch an die Nieren, weshalb ich die Folge, ebenso wie Uwe, bisher nur einmal gehört habe. Im Inlay steht nicht ohne Grund, dass für dieses Hörspiel keine Katze gequält wurde.
Was andere Leute uns zutrauen, ist meist bezeichnender für sie als für uns.

Es würde nur sehr wenig Böses auf Erden getan werden, wenn das Böse niemals im Namen des Guten getan werden könnte.

Marie v. Ebner-Eschenbach