CLH - Hoerspielforum und mehr

Inhalt: Der Brief war einfach da. Ohne Absender, ohne Briefmarke, ohne Poststempel. Eine Einladung zu einem Treffen. Um eine Geschichte zu erzählen. Dieser Termin ist wichtig, unendlich wichtig. Denn das Erzählen der Geschichte ist der Schlüssel. Und die einzige Möglichkeit, das bevorstehende Unheil abzuwenden.

Es ist eine interessante Erfahrung, am Wachstum eines Hörspiel-Labels teilzuhaben. Es ist noch gar nicht so lange her, da veröffentlichte Pandoras Play - in meinen Augen damals eher ein Studiumprojekt als ein zukünftig expandierendes Hörspielunternehmen – mit Der Schneemann ihre erste CD, die nicht nur auf Gegenliebe stieß, sondern durchaus harscher Kritik ausgesetzt war. Die Bielefelder Truppe ließ sich aber davon nicht unterkriegen, sondern baute vielmehr auf sympathische Weise auf dem vorhandenen Interesse und dem Ehrgeiz, aus Fehlern zu lernen und besser zu werden. Inzwischen hat man drei recht unterschiedliche Serien (Schattensaiten, Tonspuren, Chronologie der letzten Tage) auf dem Markt, die deutlich machen, dass Pandoras Play gut gedeiht. Und sich beachtlicher Sympathien (gelle, Katja ;-) ) erfreut. Mit Kassandras Kinder versucht man sich nun auch im Bereich der inszenierten Lesungen und landet damit überraschend einen Volltreffer. Lesungen (als enger Begriff) sind immer ein schwieriges Unterfangen, denn die Geschichte muss ohne großes Drumherum auskommen. Dem Sprecher wird auch einiges abverlangt, denn ohne die Unterstützung von Nebengeräuschen ist es seine Aufgabe, die Erzählung so lebendig wie möglich vorzutragen. Inszenierte Lesungen als Bindeglied zwischen Hörspiel und Lesung haben es da einen Tick einfacher und bieten dem Produzenten mehr Möglichkeiten. Und sind – für meinen Geschmack – auch für den Hörer verdaulicher und attraktiver.

Pandoras Play haben also gut daran getan, Kassandras Kinder nicht nur zur plumpen Märchenstunde verkommen zu lassen, sondern die Binnenerzählungen durch eine fortlaufende Rahmenhandlung zu erweitern. Nach einem kleinen Prolog, der kurz die Figur der Kassandra und den Hauptstrang einführt, beginnt die tatsächliche Geschichte des Privatdetektivs Henrich Kant (hier gefällt mir Marco Göllner wieder wesentlich besser als bei der Tonspuren-Folge Wettlauf zum Tod), der den Auftrag bekommt, zu einem ungewöhnlichen Treffen zu gehen, wo Teilnehmer eine Geschichte erzählen sollen. Vor einem alten Antiquitätenladen trifft er auf zwei weitere Personen, die auch ebenso jungfräulich, aber auch neugierig an diesem Treffen teilnehmen. Obwohl die unbekannte Person, welche zum Treffen eingeladen hat, nicht erscheint, erzählt jeder Teilnehmer die Geschichte, von der er annimmt, dass sie es ist, die erzählt werden soll.

An dieser Stelle beginnen die Binnenerzählungen, einzig unterbrochen durch den Wechsel der erzählenden Person. Die Binnenerzählungen selber sind Lesungen, die aber durch Effekte und auch gelegentliche Stimmen aufgepeppt und plastisch gemacht werden. Mein persönlicher Favorit unter den unheimlichen bzw. phantastischen Erzählungen ist ganz klar Die bessere Hälfte, eine Geschichte über siamesische Zwillinge, in der einer der Zwillinge versucht, den anderen aus Eifersucht zu ermorden. Neben dem interessanten Thema stimmt hier auch vor allem der Stil von Nico Steckelberg und die Präsentation der Geschichte durch den Autor Nico Steckelberg. Die Geschichte Die Statue von Ralf Sandfuchs hat zwar eine raffiniertes Ende, ist stilistisch allerdings schwächer geraten und passt nicht wirklich zur Erzählerin Nicola Preinesberger. Die abschließende Geschichte Die Ausgeburt lässt sich schlicht mit dem Wort fies zusammenfassen und gefällt mir stilistisch auch recht gut.

Nach den Lesungen wird Kassandras Kinder durch eine Art Epilog abgeschlossen, der der Rahmenhandlung ein offenes Ende beschert. Auf ein Wiedersehen mit dem Protagonisten Henrich Kant kann man sich also freuen.

Da Kassandras Kinder als inszenierte Lesung angekündigt wurde, konzentriert man sich natürlich vor allem auf die Geschichten und die Sprecher. Sowohl Sprecher als auch Geschichten fand ich überraschend gut. Teils sogar stark (Nico Steckelberg). Was aber wirklich sehr gut gelöst wurde von Pandoras Play, sind sowohl Musik als auch untermalende Geräusche, die sie geschickt in die Lesungen haben einfließen lassen. Das macht Die Einladung auch für Personen, die eine Antipathie gegen Lesungen haben, interessant. Fortsetzung daher stark erwünscht!

Original Besprechung formatiert + bewertet hier.

Mich hat es etwas an die Kurzarbeit der Hörfabrik erinnert, hat aber im Gegensatz zu den drei dort vertretenen Lesungen der Vorteil der verknüpfenden Rahmenhandlung. Und die Erzähler sind meines Erachtens auch einen Tick besser als bei Kurzarbeit. Die Geschichten halten sich da die Waage. Die ersten beiden Storys bei Kurzarbeit waren ja alles andere als schlecht.

Wie hat Dir die Sache mit den siamesischen Zwillingen gefallen? Sowohl Darbietung als auch den Stil fand ich wirklich klasse. Hat mich beeindruckt... auch wenn das auch wieder ein Thema ist, wo manch einer wahrscheinlich ein wenig Feingefühl vermissen wird.

Die dritte war die, die ich am wenigstens dolle fand. Irgendwie habe ich das auch erst gar nicht gerafft, dass das Kind xxx ... Äh... uiii... Spoiler... schnell drei xxx hingesetzt... naja... so verschieden sind die Geschmäcker ...

Zitat

Original von Ska the Witch
Also mir hat das ziemlich gut gefallen ... und ich bin schon verdammt neugierig auf die nächste Folge!!
Die Story mit den siamesischen Zwillingen fand' ich zwar auch schnell durchschaubar, aber dennoch verdammt gut!!!

Du hast zwar keine Ahnung von Fußball, aber von Geschichten schon.

Zitat

Original von Ska the Witch

Zitat

Original von DiJae

Zitat

Original von Ska the Witch
Also mir hat das ziemlich gut gefallen ... und ich bin schon verdammt neugierig auf die nächste Folge!!
Die Story mit den siamesischen Zwillingen fand' ich zwar auch schnell durchschaubar, aber dennoch verdammt gut!!!

Du hast zwar keine Ahnung von Fußball, aber von Geschichten schon.

Ach ja?! :boese-schmollen: :heul:

Ist ja gut... bei der nächsten EM kannst Du uns ja das Gegenteil beweisen... oder WM... oder so...

Zitat

Original von Thomas

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Original von DiJae
Irgendwie habe ich das auch erst gar nicht gerafft, dass das Kind...

gerade das fand ich ja so nett. der "aha"-effekt kommt ja erst viel später und ist um so heftiger !!!

Ich bin so eitel. Ich mag das nicht, wenn ich denke, ich bin doof...

Ich fand es eigentlich gruseliger, als ich dachte, dass das Kind noch lebt. Kennst Du diese kleinen dicken Kinder, die schon so erwachsen gucken und bei denen man das Gefühl hat, die sprechen einen gleich so finster an wie früher der Mathelehrer... naja... so wie Damian in das Omen. Irgendwie bin ich in die Schiene geraten und deswegen habe ich auch nicht gerafft, dass das Kind tot ist. Ich dachte, da kommt noch das dicke Ende...

Ausgeburt paßt dann da wirklich nicht. (Und in der Bundesliga können wir gerne gegeneinander antreten... :grins