Sie sind nicht angemeldet.

Lieber Besucher, herzlich willkommen bei: CLH - Hoerspielforum und mehr. Falls dies Ihr erster Besuch auf dieser Seite ist, lesen Sie sich bitte die Hilfe durch. Dort wird Ihnen die Bedienung dieser Seite näher erläutert. Darüber hinaus sollten Sie sich registrieren, um alle Funktionen dieser Seite nutzen zu können. Benutzen Sie das Registrierungsformular, um sich zu registrieren oder informieren Sie sich ausführlich über den Registrierungsvorgang. Falls Sie sich bereits zu einem früheren Zeitpunkt registriert haben, können Sie sich hier anmelden.

Matze

Fortgeschrittener

  • »Matze« ist der Autor dieses Themas

Beiträge: 413

Wohnort: Bad Mülheim

  • Nachricht senden

1

Sonntag, 15. November 2009, 08:57

Standortvermessungen

Mit seinen Gedichten bewegt sich Wolf Doley im Widerspruch zum Literaturbetrieb, er will den Ursprung, er will sie jedoch bewußt. Das hat die Konsequenz, wenn er sich schreibend über die Verse beugt, die Unschuld immer schon verloren ist.

Doleys Gedichtband »ins blaue springen«, enthält bereits im Kern die späteren theoretischen Überlegungen, seinen Kampf gegen das Kleinbürgertum und die Konsumgesellschaft, wird hier zur lyrischen Klammer, die sein Denken zusammenspannt. Manchmal scheint es, als wolle dieser Autor in der Entwicklungsgeschichte des lyrischen Ichs die Welt an den Enterhaken nehmen. Das Schreiben ist für Doley immer auch die Emanzipation von der papiernen Welt, ist das Verlassen des akademischen Kreislaufs, der zyklisch strukturierten Welt, ist das Hineingehen in die Linearität und damit der Eintritt in die Geschichte.

In »Entfant perdu« packt der vielseitige Intellektuelle Doley sein avanciertes Wissen und seine klugen Reflexionen zum Thema „linke Utopie“ in ein Form und stöbert in einem Metaphernhaushalt der viele Facetten des Zeitgeistes aufweist. Seine Beschreibung dieser Experimente ist in ihrer Klarheit hinreißend und schient ein fernes Echo auf Ernst Blochs »Das Prinzip Hoffnung« zu sein. Wenn man seine Essays liest, meint man, die Moderne beginnt, wo der Ursprung, die Herkunft historisch und zugleich vergessen wird; sie leugnet die Verwurzelung in ewig gleicher Überlieferung und behauptet eine Geburt aus eigener Kraft. Doley pustet den Denkerstaub von Intellektuellen beiseite, die den Vogelflug einer vergänglichen Idee mit der unvergänglichen Faktizität der Geschichte verwechseln. Hier ist ein Eigendenker zugange, der den stilistischen Posaunenton als spätexpressionistisch entlarvt. Seine Essays sind vagabundierende Gedankenzüge, anregend und schillernd, immer geistreich und nie langweilig. Doley ist ein Fischer am Ufer der Kulturgeschichte. Unermüdlich zieht er sein Netz durch den Strom der Überlieferung, und geduldig fängt er ungewöhnliche Gedanken ein.


»Entfant perdu« von Wolf Doley, Edition Lichtenberg, Odenthal
»Matze« hat folgende Datei angehängt:
In der Bedeutung des Lehnworts aus dem Französischen, wo der "amateur d' art" den kenntnisreichen, enthusiastischen Liebhaber der Künste meint, bin ich ein Dilettant.