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Donnerstag, 1. November 2007, 00:13

Diskussion zum Thema "Hörspiel/Hörbuch"

Hi,

im Zusammenhang mit meinem derzeitigen Studium, habe ich die Aufgabe bekommen, eine Umfrage zu starten. (Eine Diskussion hier im Forum tut es aber auch)

Es geht hierbei natürlich um das Thema "Hörspiel/Hörbuch"

Die Frage(n) die zu beantworten wäre(n) ist:

"Was ist die Ursache für das seit Jahren bestehende Interesse
an dem Medium Hörspiel/Hörbuch und welche Möglichkeiten
seht Ihr, das Interesse noch zu steigern?"


Wer Lust hat, darf sich nun auslassen und ggf. darüber diskutieren

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Donnerstag, 1. November 2007, 06:04

RE: Diskussion zum Thema "Hörspiel/Hörbuch"

Naja, dann fange ich mal an.

Also mein Interesse an Hoerspielen war im Kindesalter sehr hoch. Da habe ich durch Hoerspiele viele Geschichten gelernt (vor allem Jules Verne und Karl May) und die sind natuerlich fuer Kinder absolut faszinierend. Europa war da der Hauptlieferant. Dann (als ich in ein Alter kam, in dem das andere Geschlecht interessanter wurde als Hoerspiele :] ), habe ich fuer eine ganze Zeit aufgehoert Hoerspiele zu hoeren. Erst nach mehr als 15 Jahren (als ich Familie hatte und auch einen neuen Job angefangen hatte und viel Auto fahren musste), habe ich wieder mit Hoerspielen angefangen. Der Hauptgrund war, dass ich Zeit im Auto als die groesste Verschwendung meines Lebens ansah. Nun (mit Hoerspielen) macht es wieder Spass.

==> Fuer mich ist die lange Zeit im Auto (wo man hoeren aber nichts schauen kann), einer der Hauptgruende Hoerspiele zu hoeren.

Als ich dann wieder neu mit den Hoerspielen angefangen habe, habe ich mit Erfreuen festgestellt, dass die technische Qualitaet und auch die Komplexitaet der Hoerspiele einiges nach oben gegangen ist (siehe z.B. Komplexitaet der Lausch Hoerspiele). Desweiteren wird auch mehr in die Tiefe gegangen (siehe Literaturnaehe und Aussagekraft bei Titanias Gruselkabinett oder generell alles von Titania). Aber vor allem die technischen Moeglichkeiten sind um einiges besser geworden, was die Spezialeffekte, Musiken und technische Umsetzungen in eine neue Dimension gebracht haben. John Sinclair Edition 2000 hat da wohl einen Anfang gemacht. Das ging dann ueber Gabriel Burns bis zu aktuellen Marktfuehrern wie Lausch, und vor allem STIL. Es gibt jedoch auch Gegenbeispiele, wo das Hauptaugenmerk auf die Technik gelegt wurde und die Story und die Sprecher vernachlaessigt wurden. Das ist als negativ einzustufen.

==> Die gesteigerte technische Qualitaet der Hoerspiele kann absolut begeistern und haelt das Interesse hoch.

Was fuer mich das Interesse hochhaelt ist die Abwechslung. Es gibt ja nun tausende ;) von Krimis und Geisterjaeger und Gruselhoerspiele. Aber in den letzten Jahren hat sich die Bandbreite nun um einiges verbreitert. Da gibt es mehr Fantasy (z.B. Drizzt) und Geschichtsnache Romane (z.B. Das zweite Koenigreich), und Mystery (z.B. Gabriel Burns und Schattenreich), SF (z.B. STIL-Perry Rhodan und Mark Brandis), Geschichts-Mystery-Grusel (z.B. Der Orden :grins: ), sogar Soap Operas und vor allem reale Literaturvertonungen wie Titanias Gruselkabinett.

==> Die neue Bandbreite der Angebote schafft es bisher immer wieder, Hoerspiele als etwas voellig neues erscheinen zu lassen. Das laesst das Interesse hoch bleiben. Anstatt den 100ten Geisterjaeger oder Krimi herauszubringen, geht die Palette in die Breite und das ist gut so.

Desweiteren geht die Tiefe und der Anspruch der Hoerspiele nach oben. Z.B. bei vielen Gruselserien wird einfach alles ausser den gruseligen Aktionszenen herausgeschnitten. Im Gegensatz dazu wird z.B. bei Titanias Gruselkabinett das Augenmerk auf die politische oder geselschaftskritische Aussagekraft der Vorlage gelegt. Siehe z.B. Titanias "Frankenstein" oder Titanias "Die Familie des Vampirs". Da wird einem der Zusammenhang nachher klar und andere Produktionen erscheinen dann uebersimplifiziert und ohne Herz-Aussage. Bei vielen anderen Produktionen waere da einfach das Augenmerk auf die Aktionszenen gelegt worden. Nicht so bei Titania.

Insgesamt gesehen wird dem Zuhoerer einiges mehr abverlangt als vor 20 Jahren. Da muss man schon sehr konzentriert zuhoeren und teilweise mehrfach hoeren um alles zu verstehen. Vor allem Lausch moechte ich da als einer der Vertreter des WAGE-ES-NICHT-UNSERE-HOERSPIELE-ZU-HOEREN-UND-IRGENDETWAS-ANDERES-NEBENBEI-ZU-MACHEN hervorheben.

Diese Tiefe wird auch durch die Laenge einiger Serien erzeugt. Wenn man mal z.B. Edgar Allen Poe nimmt. Da gibt es bisher 25 Folgen. Das sind bisher ca. 30 Stunden. Das ist eine sehr lange Zeit um eine Geschichte aufzubauen. Oder die schwarze Sonne, die auf 12 Folgen angesetzt ist. Das sind ca. 15 Stunden. Das ist eine recht lange Zeit, die man bei einem Kinofilm nie hat. Damit schafft es das Medium Hoerspiel in eine Tiefe und Komplexitaet und auch Vertrautheit zu gehen, die das Medium Film nicht kennt (ausser in Serien).

==> Die gesteigerte Tiefe und Komplexitaet entfuehrt den Hoerer in eine andere Welt und erschafft damit etwas, was z.B. Filme nur ganz selten vermoegen.

Wir sind im Moment in einer Zeit, in der Hoerspielfans, die in der Boomzeit der 80er noch Kinder waren, nun Erwachsen sind. Sie haben das Hoerspiel wieder erweckt. Als Hoerer und als Produzenten. Wir sehen also die Hoererschaft aelter werden und somit werden die Angebote auch anders. Waehrend frueher die Hoerspiele zum Grossteil fuer Kinder und Jugendliche gemacht wurden, sind einige heutigen Serien doch eher fuer Erwachsene geeignet (obwohl sich das noch nicht ueberall rumgesprochen hat).

==> Viele neuen Hoerspiele sind nun auch fuer ein aelteres Publikum geeignet und sprechen damit auch eine kaufkraftstarke Gruppe an. Waehrend wir als Kinder uns nur wenig leisten koennen, kann man heutzutage mit seinem eigenen verdienten Geld schon mal en paar Hoerspiele mehr kaufen kann.

Und hiermit sind wir beim letzten Aspekt. Hoerspiele und auch Hoerbuecher lassen dem Hoerer die Phantasie, das gesprochene Wort in eigene Bilder zu verwandeln. Ein Buch ueberlasst einem die meiste Phantasie. Ein Hoerbuch/spiel zwingt einem zwar die Stimmen der Charaktere auf, aber alles optische bleibt trotzdem dem Hoerer ueberlassen, waehrend bei einem Film der Seher alles vorgekaut und aufgedrueckt wird. Ein Hoerspiel ist damit fuer mich eine ausgezeichnete Kombination zwischen Buch und Film.

==> Hoerspiele ueberlassen Hoerern die Phantasie die Welt vor deren Augen zu erzeugen.

So was kann nun gemacht werden, um das Interesse am Hoerspiel/buch-Markt weiter zu steigern?

- Weiter in die Breite gehen. Das heisst Genres erzeugen, die andere Zielgruppen ansprechen, z.B. wie es im Moment mit Soap Operas und Fantasy geschieht.
- Noch unterrepresentierte Genres wie Fantasy und Historische Geschichten weiter ausweiten
- Bei Hoerspielen sind die Spezialeffekte und Musiken meistens schon recht gut. Bei Hoerbuechern gibt es da schon noch Nachholbedarf und mehr Effekte lockern eine Lesung halt auf, so dass man sie beim Autofahren besser verstehen kann. Da sind wir im Moment in einem Prozess.
- Mehr Werbung um neue Hoererschichten von der gesteigerten Qualitaet der neuen Hoerspiele zu informieren. Wenn ich mit vielen meiner Freunde spreche, denken die bei Hioerspielen immer noch an etwas, was hauptsaechlich fuer Jugendliche und Kinder gemacht wird und die kenne meistens auch nur Die ??? oder aehnliches. Wenn man diesen potentiellen Hoererschichten die Qualitaet der neuen Hoerspiele vor Augen fuehrt, koennte das Leute zu Hoerspielen fuehren, die bisher nur dachten, dass Hoerspiele fuer Kinder und Jugendliche sind.

Recht das erst mal? :grins: Du hast gefragt :]

Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Cherusker« (1. November 2007, 06:05)


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Donnerstag, 1. November 2007, 09:52

Wow! 8o
Das nenne ich mal ausführlich!

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Donnerstag, 1. November 2007, 12:21

Also ich denke das es vor allem ein "Generationengrund" ist.

Viele Menschen die heute Hörbücher/Hsp kaufen ist das Medium nicht fremd. Sie haben als Kinder Schallplatten und/oder Kassetten gehört. Damit ist eine gewisse "Hemmschwelle" die sonst bei neuen Formaten erst überwunden werden muss, eher gering.

Das gilt IMO auch für die ältere Generation, die die Abende vor dem Radio verbracht haben, indem man alte Radioproduktionen veröffentlicht.

Dann kommt der Zeitfaktor bzw. der Arbeitsweg hinzu.
Die Menschen heute nehmen weitaus weitere Strecken zur Arbeit auf sich als früher. Fahrtzeiten von 30 Minuten und mehr sind keine Seltenheit, eher die Regel. Ebenso wird mehr gearbeitet als früher. Somit schrumpft die Zeit um zu Hause noch ein Buch zu lesen.
Wer Zug fährt, kann das dort nachholen, wer Auto fährt nicht, und in vollen U-Bahnen oder S-Bahnen in denen man mehr steht als sitzt ist lesen auch nicht so einfach.

Hörbuch/Hsp und die neueren Techniken allen voran der MP3 Player bieten mir die Möglichkeit trotzdem Literatur zu konsumieren.

Die Genre spielen sicherlich auch eine große Rolle, wären die Umsetztung wie früher vor allem für Kinder und Jugendliche als Zielgruppe gedacht, wäre der Boom sicherlich nicht da. Da aber vom Groschenroman, über den normalen Roman bishin zum Klassiker so ziemlich alles umgesetzt wird, findet eigentlich jeder etwas.

Auf der anderen Seite, sollte man aber darauf achten einen Overkill zu verhindern. Es muss nicht ALLES vertont werden. Natürlich will jeder etwas vom Kuchen abhaben, aber gerade die etablierten Verlage sollten bei ihrer Wahl eine Auswahl treffen und nicht einfach nach dem Motto "och komm wir machen da noch ein Hörbuch draus" veröffentlichen

Achja einen Grund hab ich noch vergessen... Harry Potter

Ich denke, dass ohne den Erfolg dieses Buches und der damit verbundenen Hörbuchreihe der Boom auch so nicht stattgefunden hätte. Rufus Beck hat sowas mal in einem Interview erzählt, dass sie nie und nimmer mit dem Absatz gerechnet hätten vom ersten Teil.

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Donnerstag, 1. November 2007, 13:24

Zitat

Original von Volker
Achja einen Grund hab ich noch vergessen... Harry Potter

Ich denke, dass ohne den Erfolg dieses Buches und der damit verbundenen Hörbuchreihe der Boom auch so nicht stattgefunden hätte. Rufus Beck hat sowas mal in einem Interview erzählt, dass sie nie und nimmer mit dem Absatz gerechnet hätten vom ersten Teil.


Da war Magie im Spiel :D

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Samstag, 3. November 2007, 05:58

Ich stimme Volker zu. Die Erfindung der MP3 Player erlauben es an vielen Orten Hoerspiele zu hoeren, wo das vorher eher schwierig war. Die Player sind viel kleiner und handlicher als Walk-CD-Player. Z.B. beim Workout hoere ich recht haufig Hoerspiele, oder im Flugzeug.

Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Cherusker« (3. November 2007, 06:03)


Voldemort

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7

Sonntag, 4. November 2007, 20:52

Weil's ja eine Umfrage ist, dürfen es sicher auch Mehrfachnennungen sein. Meine Meinung:

1. Hörspiele erleben eine Renaissance, weil wir Ü-30er gerne das Feeling von früher in unsere "Kinderzimmer" zurück holen.
2. Weil wir alle immer weniger Zeit haben und nur selten und schlecht ertragen können, nicht mit allen Sinnen angespannt zu leben, füllen wir "Fehlzeiten" wie Autofahrten, Bügeln, Kochen etc. mit dem Hören eines guten Hörspiels oder -buchs.
3. Was die so faszinierden macht: siehe oben.

Steigern lässt sich das m.E. kaum noch. Nur die Vertriebswege werden sich ändern und so wird der Download-Markt gewinnen und die klassische Buchhandlung - die größtenteils die Chancen sowieso nie kapiert hat - verlieren.

Wenn das Stichwort Innovation lautet, dann könnte ich mir vorstellen, dass Serien, Soaps und ähnlicher Schnick-Schnack, der das TV-Konsumverhalten bedient (kopiert) eine Chance hat. Dieser Markt füllt sich derzeit...

Soweit mein Senf!

Viele Grüße
Voldemort
***************************************************
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8

Montag, 5. November 2007, 17:27

Ein Teil der Faszination der Hoerspiele in Deutschland ist meiner Meinung nach auch die grosse Anzahl hervorragender Synchronsprecher in unserem Land, die dazu beitragen, dass die Hoerspiele qualitativ so gut, so echt und so faszinierend sind.

Und da ein grosser Anteil der Serien und Filme in Deutschland aus dem Ausland kommt (vor allem aus dem englischsprachigen Raum), muss da sehr viel synchronisiert werden was viel Erfahrung bringt und uns die Stimmen auch vertraut vorkommen laesst. Gluecklicherweise ist der deutschsprachige Raum so gross, dass sich Synchronisationen sehr lohnen. Deutschland, Schweiz, Oesterreich sind als deutschsprachiges Kernland mit 100 Millionen Kunden schon recht beachtenswert und fuer den Filmvertrieb schon lohnenswerter als eine Synchronisation fuer 5 Millionen Norweger oder 10 Millionen Schweden.

In anderen Laendern (z.B. Skandinavien), werden Filme eher selten synchronisiert sondern nur im englischen Originaltext mit Untertitel eingesetzt. Deshalb gibt es da nicht so eine grosse Menge und Klasse an guten Synchronsprechern.

Im englischen Sprachraum werden Filme anderer Sprache kaum synchronisiert, sondern meistens einfach im Original mit Untertiteln gezeigt (z.B. der Untergang, Lola rennt, Das Leben der anderen etc.). Und wenn es mal Synchronizationen im englischen Raum gibt (z.B. fuer das Boot), dann sind das meistens beruehmte englisch-sprachige Schauspieler, die bekannte Stimmen haben, jedoch fuer Hoerspiele meistens zu teuer sind. Das gleicher gilt auch fuer animierte Filme (z.B. Ice Age oder Shrek), die ja auch synchronisiert werden, aber auch meistens mit teuren Schauspielern besetzt werden die das Budget eines Hoerspiels oder -buchs leicht sprengen.

In anderen Laendern (nicht-deutsch und nicht-englisch) wird auch synchronisiert aber haeufig nur in schlechter Qualtiaet. Fahrt mal nach Mittel- oder Suedamerika und schaut euch einen synchronisierten Film an. Da kann man schon froh sein, wenn der gesprochene Text kommt, bevor der Schauspieler seinen Mund wieder zu hat.

Die deutschen Synchronsprecher haben also eine grosse Erfahrung, es gibt sehr viele davon, und sie haben oft bekannte Stimmen, die den Hoergenuss steigern. Trotzdem sind sie nicht wirklich sehr bekannt oder teuer (im Vergleich mit bekannten Schauspielern). Selbst ein Kerzel, oder Pampel oder Nathan wird auf der Strasse nicht sofort erkannt. Dieses fuehrt dazu, dass diese ausgezeichneten Sprecher recht erschwinglich sind (im Vergleich zu teuren Schauspielern).

Also wie schon bei anderen Industrien, kann die Hoerspiel Branche in Deutschland auf eine hervorragende Infrastruktur zurueckgreifen.

Das hat meiner Meinung auch mit der hohen Qualitaet der Hoerspiele/Buecher zu tun.

Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von »Cherusker« (5. November 2007, 17:33)