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Edinburgh - Was ist rot, weiß und schwarz und verkauft sich wie warme Semmeln? In Schottland weiß das jedes Kind: Die Nationalflagge von Trinidad und Tobago. "Je näher dieses Spiel rückt", sagt der Inhaber eines Sportgeschäftes in Edinburgh, "desto größer wird die Nachfrage."

Auf der Suche nach einer anderen als der englischen Mannschaft, für die sie bei der Fußball-WM die Daumen drücken könnten, haben schottische Fans die Kicker des kleinen Inselstaates Trinidad und Tobago ins Herz geschlossen. "Alle dürfen gewinnen, nur nicht England", heißt das Motto. Nördlich der Grenze", konstatierte die Londoner "Times" mit spürbarer Verstimmung, hätten die "Feindseligkeiten" gegenüber dem englischen Team "tiefe Wurzeln".

Zwar will auch in Schottland, das 1296 durch den englischen König Edward I. annektiert wurde, kaum jemand darauf wetten, dass die Kicker von den Kleinen Antillen am 15. Juni das Team Englands besiegen. "Doch unsere Herzen", sagt der schottische Tennis- Profi Andy Murray, "schlagen für jede Mannschaft, die gerade gegen England spielt."

Ganz besonders gilt das für "T&T", wie der Inselstaat schon beinahe liebevoll in Schottland genannt wird. Ein Grund ist, dass Trinidad und Tobago früher einmal britische Kolonie war und allein schon damit die Sympathie freiheitsliebender Schotten verdient. Wichtiger ist, dass insgesamt sechs Fußballer von den Inseln zwischen Karibik und Atlantik für verschiedene schottische Clubs kicken.

Der bedeutendste ist freilich jener Spieler aus "T&T", der kurioserweise den Namen Jason Scotland hat. Nicht zuletzt wegen seines Nachnamens haben die Schotten dem Mittelfeldspieler des Clubs St. Johnstone längst Kultstatus verliehen - können sie mit ihm doch wenigstens im Scherz behaupten, Schottland sei doch bei der WM dabei. Sogar eine Hymne haben sie dem Mann für diesen Anlass gedichtet: "There is hope at hand, we can still support Scotland - Scotland, Jason Scotland." Der Sportsmann will seine schottischen Anhänger nicht enttäuschen: "Ich werde alles tun, um für sie ein Tor gegen England zu schießen."

So viel "karierter Patriotismus" geht manchen Schotten allerdings ein bisschen zu weit. Besonders Politiker aus dem Norden, die es in London zu etwas gebracht haben - unter ihnen Schatzkanzler Gordon Brown - erinnern daran, dass die Zeiten des Kampfes gegen England längst vorbei sind. Die gemeinsame Flagge sei nun einmal der Union Jack.

Demonstrativ erklärten Brown und einige andere schottische Prominente - unter ihnen der Schauspieler Ewan McGregor und Starkoch Gordon Ramsay - ihre Unterstützung für das Team Englands. Solche Appelle stoßen allerdings selbst in Browns schottischem Wahlbezirk Fife auf taube Ohren. "Hier wird keiner den Union Jack schwenken, sondern nur die T&T-Flagge", prophezeit Turnbull Hutton, Direktor des örtlichen Fußballclubs Raith Rovers.

Hingegen versuchte Douglas Alexander, der Schottlandminister in der britischen Regierung, sich diplomatisch aus der heiklen Affäre zu ziehen: Ein Jahr nachdem England 1966 den Weltcup gewann, erklärte er, habe das Team bekanntlich im Wembley-Stadion 3:2 gegen Schottland verloren. "So könnte es doch jetzt wieder sein: England wird Weltmeister und verliert dann gegen Schottland."