Möglicher Nachfolger?
Rom - Für das Amt des Oberhauptes der römisch-katholischen Kirche gibt es keine Kandidaten, es gibt keinen Wahlkampf, Wahlversprechen sind verboten. Der Ausgang eines Konklave ist meist eine Überraschung.
Einige Kardinäle gelten in Kirchenkreisen aber als «papabile» - zum Papst wählbar. Hier einige häufig genannte Namen in alphabetischer Reihenfolge:
FRANCIS ARINZE (72), Nigerianer, erfahrener Kurienkardinal. Sein Name ist seit Jahren als einziger Afrikaner im Gespräch. Vorteil: Ist aus seiner Heimat mit Spannungen zwischen Christen und Muslimen vertraut. Obwohl Kardinals-Dekan Joseph Ratzinger die Möglichkeit eines afrikanischen Papstes öffentlich begrüßte, gilt die Zeit dafür als noch nicht reif.
DARÍO CASTRILLÓN HOYOS (74), Kolumbianer, einer der führenden Männer der lateinamerikanischen Kirche. Bekannt durch seinen unerbittlichen Einsatz gegen Armut und die Macht der Drogenbarone. Theologisch konservativ, ging gegen die Befreiungstheologie vor. Führte die lateinamerikanische Bischofskonferenz, seit Jahren Kurienkardinal.
GODFRIED DANNEELS (71), Belgier, wird als Favorit der Reformkräfte gehandelt. Der ehemalige Theologieprofessor brachte Streitthemen wie die Wiederverheiratung von Geschiedenen und mehr Befugnisse für Frauen ins Spiel. Fordert mehr «Kollegialität» in der Kirche, im Klartext: weniger Macht für Rom. Nachteil: Zweifel über gesundheitliche Belastbarkeit nach Herzinfarkt.
CLÁUDIO HUMMES (70), Brasilianer, Sohn deutscher Eltern, galt zunächst als progressiver Priester, der gegen das einstige Militärregime protestierte und Streiks unterstützte. Gilt weiterhin sozialpolitisch als fortschrittlich. Drohte aber unlängst auch Priestern, die für Präservative zum Schutz gegen Aids plädierten. Die Mischung aus sozialem Engagement plus theologisch konservativer Ausrichtung macht ihn zum interessanten Kandidaten.
NICOLÁS DE JESÚS LÓPEZ RODRÍGUEZ (68), Dominikanische Republik, wird ebenfalls sozialpolitisch als fortschrittlich, theologisch aber als konservativ beurteilt. Als Bischof kritisiert er Regierung und Militärs, vor allem auch die Korruption im Land. Auf der lateinamerikanischen Bischofskonferenz verurteilte er künstliche Empfängnisverhütung, Sterilisierung und Abtreibung.
CARLO MARIA MARTINI (78), Italiener, Ex-Erzbischof von Mailand, wurde mehr als 20 Jahre als großer Favorit der italienischen Reformkräfte gehandelt. Der Jesuit bezog in nahezu allen heißen Themen Gegenposition zu den Konservativen: Vom Thema Dezentralisierung der Kirche über Sexualität bis zur Frage der Stärkung der Laien und der Frauen in der Kirche. Nachteil: Schon zu lange als möglicher Nachfolger im Gespräch.
GIOVANNI BATTISTA RE (71), Italiener, nach vielen Jahren im Staatssekretariat, der «Regierung» des Vatikans, zählt er zu den erfahrensten Kurienkardinälen. Theologisch eher als moderat eingestuft, signalisiert er dennoch den Wunsch nach kirchlicher Dezentralisierung. Nachteil: Zu sehr «Mann des Systems».
NOBERTO RIVERA CARRERA (62), Mexikaner, unbedingter Kämpfer für soziale Gerechtigkeit, scharfer Kritiker von Korruption und Globalisierung. In Kirchenfragen jedoch streng konservativ. Entscheidender Nachteil: zu jung, da viele Kardinäle nach der über 26-jährigen Amtszeit von Johannes Paul II. eher ein kurzes Pontifikat wünschen.
JOSEPH RATZINGER (77), Deutscher, Präfekt der Glaubenskongregation, sprach stets Deutsch mit dem Papst. Auch theologisch waren die beiden Konservativen auf einer Wellenlänge. Kritiker titulierten ihn wegen seiner harten Haltung mitunter als «Panzerkardinal». Dennoch wurde er in den vergangenen Monaten häufig als Kandidat genannt - vor allem dann, wenn sich die großen «Blöcke» nicht einigen könnten.
OSCAR ANDRÉS RODRÍGUEZ MARADIAGIA (62), Honduras, zeitweise bereits als aufgehender Stern der lateinamerikanischen Kirche gefeiert. Leitet die Bischofskonferenz des Subkontinents. Sprachgewandt, spricht auch passables Deutsch. Überreichte Bundeskanzler Gerhard Schröder im Jahr 2000 eine Forderung nach Schuldenerlass für die Dritte Welt. Gilt auch als offen für ökumenische Fragen. Nachteil: zu jung.
ANGELO SCOLA (63), Italiener, seit 2002 Patriarch von Venedig, gilt als aufgeschlossen. Der Moraltheologe und Philosoph leitet seit 1995 die Lateran-Universität und das Päpstliche Institut für Ehe- und Familienstudien. Ins Kardinalskollegium wurde Scola 2003 aufgenommen. Der Papst berief im März Scola zum Generalrelator der im Oktober geplanten Weltbischofssynode - eine Schlüsselrolle. Schon mehrfach wurden frühere Patriarchen von Venedig zum Papst gewählt, zuletzt 1958 Johannes XXIII. und 1978 Johannes Paul I. als unmittelbarer Vorgänger von Karol Wojtyla.
ANGELO SODANO (77), Kardinal-Staatssekretär, «Nummer Zwei» im Kirchenstaat, «ewiger Kandidat» bei Spekulationen um die Nachfolge. Konservativ und zugleich geschmeidiger Kuriendiplomat. Kritiker halten ihm vor, in seinen Jahren in Chile nicht genügend Abstand zur Diktatur Augusto Pinochets gehalten zu haben. Nachteil: Zu lange als «papabile» im Gespräch.
DIONIGI TETTAMANZI, Italiener, (71) Erzbischof von Mailand, war zeitweise der «heiße Favorit» der italienischen Kardinäle. Er steht der konservativen Laienorganisation Opus Dei nahe, begrüßt aber auch die Positionen der Globalisierungskritiker. Großer Rhetoriker: «Ein Aids-krankes afrikanisches Kind ist mehr Wert als das ganze Universum.»
MILOSLAV VLK, Tschechien, (72) Erzbischof von Prag, gilt unter Kollegen im westlichen wie im östlichen Europa als populär. Unter kommunistischer Herrschaft arbeitete er als Fensterwäscher, die Behörden verboten ihm die Berufsausübung als Priester. Nachts feierte er Messen im Untergrund. Profilierter Theologe. Nachteil: Nach Johannes Paul II. dürfte die erneute Wahl eines Slawen unwahrscheinlich sein.
Quelle: web.de