Sollen nun auch noch Rennspiele auf den Index? Klar Deutschland, ist schon recht so!
Schwere Unfälle als Unterhaltung
COMPUTER / Virtuelle Auto-Rennen geraten in die Kritik. Wie klar unterscheiden Kinder Realität und Fantasie?
MÜNCHEN / KÖLN. Das Auto ist aufgemotzt und startklar, die Straßen der Großstadt sind verwaist - genau der richtige Zeitpunkt, um mit Vollgas durch die Gassen zu rasen und Rivalen von der Bahn zu rempeln. Entsprechende Szenen sind täglich in Wohn- und Kinderzimmern zu beobachten, wenn Jugendliche an der Videokonsole oder dem PC ihre Rennspiele starten. Doch obwohl bei solchen Spielen in der Regel kein künstliches Blut vergossen wird, sind sie jetzt in die Kritik geraten: Es gibt Befürchtungen, dass sich rücksichtsloses Fahren in den virtuellen Städten negativ auf das Verhalten im realen Straßenverkehr auswirken kann.
Hintergrund ist eine Pilot-Studie, die der Diplom-Psychologe Jörg Kubitzki vom Allianz Zentrum für Technik (AZT) in München vorgenommen hat. "Wir haben in Bayern 657 männliche Jugendliche im Alter von 13 bis 17 Jahren ausdrücklich zu dem Thema Auto-Rennspiele befragt", erläutert Kubitzki. Allerdings standen dabei eben nicht jene Spiele im Vordergrund, in denen auf ausgewiesenen Rennpisten um den Sieg gekämpft wird.
Anlass zur Sorge
"Von Bedeutung waren für uns vielmehr die so genannten Street Racing Games", sagt Kubitzki. Bei diesen geht es um Rennen in virtuell nachgebildeten Städten: Gefahren wird ohne Rücksicht auf Verkehrsregeln, das Anrempeln anderer Fahrzeuge dient ebenso wie halsbrecherische Stunts oder Unfälle eher der Unterhaltung. Die Alterseinstufungen solcher Spiele sorgen dafür, dass sie oft schon an Kinder unter zwölf Jahren verkauft werden dürfen.
Ein Ergebnis der Pilot-Studie ist laut Kubitzki, dass mehr als drei Viertel der Befragten Rennspiele mehr oder minder regelmäßig spielen. Davon wiederum spielen drei Viertel Street Racing Games. Während das noch nichts über das Verhalten im realen Straßenverkehr aussagt, könnten andere Ergebnisse Anlass zur Sorge sein: "25 Prozent der Jugendlichen gaben an, schon vor ihrem 18. Geburtstag mit dem Auto Erfahrungen im Straßenverkehr gemacht zu haben." Und mit Straßenverkehr sind eben nicht Übungsrunden auf verlassenen Parkplätzen gemeint. "4,6 Prozent haben behauptet, auch schon illegale Rennen gefahren zu sein."
Laut Kubitzki lassen diese Zahlen noch keine wirklichen Rückschlüsse über mögliche Zusammenhänge zu - sie seien aber Anlass, das Thema weiter zu verfolgen. "Grundsätzlich belohnt die Philosophie dieser Spiele das Brechen von Regeln sowie ein zu Gewalt neigendes Verhalten. Sie sind daher kein Kinderspielzeug und sollten nicht an Jugendliche unter 16 Jahren verkauft werden."
Andere Experten sehen das Problem auch bei den Eltern. "Dieselben Eltern, die ihre vom Straßenverkehr gefährdeten Kinder in die geschützte Wohnung holen, lassen es zu, dass sich ihre Sprösslinge am Computer aggressive Verkehrsspiele reinziehen", kritisiert Rainer Hillgärtner, Sprecher des Auto Club Europa (ACE) in Stuttgart. "Die Drehbücher dafür haben erwachsene Menschen geschrieben. Sie sind erzieherisches Leitbild und dienen Kindern als Wegweiser für eigenes Verhalten. Doch wir wundern uns immer noch, wie aus kleinen Rabauken menschenverachtende Verkehrsstraftäter werden."
Die Wirkung virtueller Welten
Es gibt aber auch andere Stimmen. Und die sagen, dass Kindern durchaus zuzutrauen ist, die Bildschirmwelt nicht für wahr zu halten. "Schon ein Heranwachsender kann unterscheiden, in welcher Welt er sich gerade bewegt", sagt Professor Jürgen Fritz, Leiter des Forschungsschwerpunktes "Wirkung virtueller Welten" an der Fachhochschule Köln. Zwar geht Fritz davon aus, dass Spiele Auswirkungen haben - nur hängen diese mit der Persönlichkeit zusammen. Wenn jemand ohnehin schon leichtsinnig ist, gerne Auto fährt und dann noch Rennspiele spielt, könnte das riskant sein.
Ähnlich sieht es Medienexperte Thomas Feibel vom Büro für Kindermedien in Berlin. "Kinder sind fasziniert vom Computer, weil sie dort Sachen machen können, die ihnen sonst nicht erlaubt sind - zum Beispiel Auto fahren. Aber sie können Realität und Fantasie durchaus unterscheiden. Im Spiel hat man viele Leben, in der Realität nicht." (dpa)
Quelle:
NRZ
Außerdem gibt es dazu noch nen 2. Artikel online:
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