After Shock (Tángshān Dàdìzhèn)
Tangshan, China, 1976. Wir sehen ein nicht unbedingt wohlhabendes, aber glücklich verheiratetes Pärchen, Eltern von Zwillingen (Junge/Mädchen). Mitten in einem auf einer Ladepritsche stattfindenden Zeugungsprozess für ein drittes Kind werden die beiden unsanft unterbrochen (nicht nett, ne?), und zwar von einem Erdbeben (auch nicht schön, ne?). Der Vater stürmt ins Haus, um seine Kinder zu retten, unmittelbar darauf wird die Mutter Zeugin, wie ihr Mann vom einstürzenden Gebäude ins Jenseits befördert wird (fies, ne?). So, und jetzt wird's erst richtig gemein. Entgegen aller Hoffnungen überleben die beiden Kinder das Erdbeben unter den Trümmern des Hauses, werden allerdings so ungünstig von einem Trageelement unter sich begraben, daß die Mutter vor die Entscheidung gestellt wird, welches ihrer Kinder leben und welches sterben soll. Sie entscheidet sich für das Leben des Jungen, wobei sich herausstellt, daß dessen Verletzungen am linken Arm so schwerwiegend sind, daß dieser amputiert werden muß. Danach werden Mutter und Sohn aus der Stadt gebracht. Das tot geglaubte, aber körperlich unversehrte Mädchen wacht neben dem Leichnam ihres Vaters auf und landet in einem Heim; später wird es von einem Soldatenpärchen adoptiert. Ab hier verfolgt man die so unterschiedlich verlaufenden Leben der drei Charaktere über den Verlauf der nächsten Jahrzehnte.
Falls jemand nah am Wasser gebaut sein sollte und sich diesen Film anschauen möchte - ganz dringend Extrapackung Kleenex bereithalten! Der Streifen ist weit entfernt von der Oberflächlichkeit, wie sie mitunter bei solchen Filmen an der Tagesordnung ist. Es ist im Gegenteil ein zwar aufwendig, aber dennoch eher ruhiger Film mit Tiefgang, bei dem nicht die Katastrophe selbst im Vordergrund steht (der ganze erste Absatz ist mit Ausnahme des letzten Satzes innerhalb der ersten halben Stunde abgekaspert), sondern die Narben, die die Beteiligten durch das Ereignis selbst, vor allem aber durch die Entscheidung der Mutter auf ihren Seelen zurückbehalten haben. Dazu braucht es ein ordentliches Script - oh ja, das existiert! -, ein paar glaubwürdige Schauspieler - sind vorhanden - und einen geschickten Regisseur, der auch mit Hilfe von Bildern bestimmte Stimmungen vermitteln kann - der war offensichtlich auch am Set. Im großen und ganzen gibt es nicht viel, das man besser hätte machen können - über die Dauer von zwei Stunden läßt einen der Film praktisch nicht mehr los; dabei wirkt er trotz der unterschiedlichen Geschichten nie überladen oder konfus. Sicher einer der Filme, die dem Zuschauer lange im Gedächtnis bleiben.
Ob der Film in Deutschland anlaufen wird, steht meines Wissens noch nicht fest.
Gruß
Skywise