Die Hitze der Diskussion hier zeigt, dass noch lange nicht zusammen gewachsen ist, was (laut Willy) angeblich zusammengehört.
Ich denke, dass da noch eine sehr lange Wegstrecke zurückzulegen ist, bis die Gräben zwischen Ost und West nicht mehr so groß sind. Das ist keine Sache von 10 oder 20 Jahren, sondern eher von 3 bis 4 Generationen oder noch mehr Generationen. Wir werden jedenfalls nicht mehr erleben, dass in den alten und den neuen Bundesländern auch nur annähernd gleiche Verhältnisse vorherrschen. Vielleicht unsere Kindergeneration.
In 45 Jahren haben sich die beiden Teile Deutschlands so weit wie es nur möglich war, voneinander entfernt, die Menschen haben völlig andere Mentalitäten und Verhaltensweisen erlernt. Das ist nicht zuletzt ablesbar an den Wahlergebnissen der PDS oder an den zahlreichen Ausländerfeindlichen Übergriffen im Osten, deren Hauptursachen im SED-Staat zu suchen sind. Die Bewohner Ostdeutschlands verband 45 Jahre lang sehr viel mehr mit Ungarn oder Polen als mit den Einwohnern der Bundesrepublik. Dennoch blickten große Teile der DDR-Bevölkerung jahrzehntelang immer wie gebannt auf den Westen, Vergleiche wurden fast ausschließlich mit der Bundesrepublik, meistens aber nicht mit der SU oder mit Polen gezogen. Und auch heute ziehen viele Bewohner der neuen Bundesländer den Frust auf ihre wirtschaftliche Situation aus Vergleichen mit den alten Bundesländern, anstatt sich mit den Bürgern Polens oder Tschechiens zu vergleichen, die 45 Jahre lang ihre "Brüder" waren und die von einem "Aufbau Ost" nur träumen können.
Ich bin im Westen (bzw. Norden: Schleswig-Holstein
) aufgewachsen. Bereits zu DDR-Zeiten (Mitte und späte 80er Jahre) war ich häufig in der DDR und habe dort auf Privatreisen und auf Klassenfahrten das Land kennengelernt. Nach dem Mauerfall und der Wiedervereinigung habe ich erneut sehr viele Städte und Landschaften in den neuen Bundesländern besucht. Ich war in Wismar, Schwerin, Rostock, auf Rügen, in (Ost-)Berlin, Dresden, Königstein, Bautzen, Leipzig, Erfurt, Weimar, Buchenwald, Ravensbrück, Eisenach, Naumburg, Meißen, Potsdam, Bernburg, Halle, Neuruppin, im Spreewald, im Thüringer Wald, im Elbsandsteingebirge und noch in einigen anderen kleineren Orten. In vielen Städten war ich mehrfach. Ich war sogar in Eisenhüttenstadt, um mir die ehemalige "Stalinstadt" anzusehen. Von der DDR ging und geht für mich eine gewisse Faszination aus. Mein Schwerpunkt in meinem Geschichtsstudium war deswegen auch DDR-Geschichte und es macht mir nach wie vor Spaß, mich mit der DDR zu beschäftigen.
Immer, wenn ich nach Berlin oder in die neuen Bundesländer oder auch noch weiter nach Osten (Polen, Baltikum oder Russland) fahre, bin ich dankbar dafür, dass die Mauer nicht mehr steht. Jede/r, der behauptet, dass die Mauer wieder hochgezogen werden sollte, ist entweder nicht ganz bei Trost oder weiß nicht, was an der Grenze 45 Jahre lang passiert ist.
Die Menschen können heute frei wählen, wohin sie fahren, wo sie leben und - sofern es denn möglich ist - arbeiten können. Die Mauer in den Köpfen existiert selbstverständlich noch und wird das auch noch lange tun.