Mit der sogenannten Compact Cassette kam ich erst spät in Berührung. Dies liegt
daran, daß ich diesen Tonträger als ästhetischen Gründen ablehnte, weil er in
ein häßliches Kunststoffgehäuse eingeschlossen war. Zum anderen der Klang, der
nun digital als mp3 wiederkehrt.
Zu Gast bei einem befreundeten Paar saßen wird in großer Runde beisammen als ein
Kind im Schlafanzug in die Runde platze und sich über das Klacken beschwerte.
Der Vater versicherte, es handele sich über die Geräusche von Hui Buh, dem Schoßgespenst. Das Kind gab
sich mit dieser Begründung zufrieden.
Ein wenig später, ich kam gerade von der Toilette, hört ich ein rhythmisches
Klacken auf dem Kinderzimmer. Bei Untersuchung des Abspielgeräts stellte sich
heraus, daß die Abschaltvorrichtung des Geräts defekt war. Die sogenannte
Einschlafkassette erfüllte nicht die Funktion und das Kind schlief erst,
nachdem ich ihm eine Einschlafgeschichte vorgelesen hatte.
Diese Szene kommt mir oft vor Augen, wenn ich über die
Generation der Kassettenkinder lese. Selbstverständlich ist diese
soziologiosche Studie auch ein Thema für die kulturnotizen. Zur
Verständnisförderung greifen wir auf Kuno ich auf Immanuel Kants Idee einer
"erweiterten Denkungsart" zurück. Wenn man den anderen Menschen
verstehen will, dann muß man zunächst über seinen eigenen Schatten springen,
genauer von sich selbst, seinen eigenen Prinzipien absehen. Man muß schließlich
seinen Horizont erweitern, indem man sich in die Lage eines anderen Menschen
hineinversetzt, nicht um ihn leichter hinters Licht zu führen, sondern um seine
Urteile und Einschätzungen nachzuvollziehen. Wenn man unter den Bedingungen der
Globalisierung in einer pluralistischen Welt der vielen Weltanschauungen lebt,
wenn die Menschen also keine gemeinsamen obersten Werte mehr verbinden, dann
braucht man vor allem derartige Kompetenzen oder Tugenden: Denkvermögen,
Urteilskraft, Wahrhaftigkeit. Dazu reichen ethische Normen alleine nicht aus.
Dem Essay Notes on „Camp von Susan Sontag folgend, stellen
wir auf Kuno unterschiedliche Form der kulturellen Äußerungen vor, dazu gehören
auch die Trivialmythen der sogenannten Kassettenkinder. Die herausragenden
Figuren dieser Szene haben wir in den letzten Wochen mit einem Porträt gewürdigt:
Cpt. Blitz:
http://www.editiondaslabor.de/blog/?p=1565
Dennis Rohling:
http://www.editiondaslabor.de/blog/?p=1559
Olaf von der Heydt:
http://www.editiondaslabor.de/blog/?p=1553
Und Michael Girbes:
http://www.editiondaslabor.de/blog/?p=1534
Am 16. September 2011 kündigte das Hörspiel-Label
EUROPA an, ab 2012 keine MCs mehr zu
produzieren, lediglich für die Serie mit den meisten MC-Sammlern (Die drei ???) würde die Produktion noch
weiterlaufen. Als Grund nannte EUROPA, dass die MC-Käufe immer weiter zurückgehen und die Vorräte des rechtzeitig gesicherten Bandmaterials nicht mehr lange reichen werden, daher will man sich auf die MC-Sammler konzentrieren. Betroffen von der MC-Einstellung sind hauptsächlich Kinderserien wie Bob der Baumeister,
Thomas, die kleine Lokomotive,
Ritter Rost,
Hui Buh, Die Teufelskicker,Hanni und Nanni sowie die recht bekannten
Hörspielserien Fünf Freunde und TKKG.
Werden die Kassettenkinder nun erwachsen?